Gesundheit

Neues Betreuungsgesetz soll Anstieg der Entmündigungen bremsen

GDN - Bei der gerichtlich angeordneten Betreuung kranker und behinderter Menschen setzt das Bundesjustizministerium künftig stärker auf alternative sozialen Hilfsangebote. Das ist das Ziel eines Gesetzentwurfs zur Reform des Betreuungsrechts, über den das Bundeskabinett an diesem Mittwoch entscheiden will.
Der Entwurf aus dem Hause der Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt, will die Rolle der Betreuungsbehördenaufwerten, die bei den Landsratsämtern oder kreisfreien Städten angesiedelt sind. Ihnen kommt aus Sicht des Ministeriums eine Schlüsselrolle zu, wenn es um die Anordnung einer Betreuung geht - weil sie die soziale Infrastruktur am Ort überblicken. Dem Entwurf zufolge sollen die Behörden künftig zwingend im betreuungsgerichtlichen Verfahren angehört werden. Für deren Bericht will man "qualifizierte Kriterien" vorgeben, zudem sollen die Aufgaben der Behörden gesetzlich konkretisiert und deren Wahrnehmung durch "Fachkräfte" vorgeschrieben werden. Betreuer kümmern sich um rechtliche Alltagsfragen - von Geld- und Wohnungsangelegenheiten über die Vertretung gegenüber Behörden bis zu Fragen der Gesundheit. In Deutschland werden derzeit 1,3 Millionen Menschen in rechtlichen Dingen betreut, drei Mal so viel wie bei der Einführung des Betreuungsgesetzes im Jahr 1992. Dabei handelt es sich vorwiegend um psychisch Kranke und geistig Behinderte sowie um eine steigende Zahl von Demenzpatienten. Als Betreuer werden in annähernd zwei Drittel der Fälle Familienangehörige bestellt. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, eine bundesweit sehr unterschiedliche Behördenpraxis anzugleichen. In manchen Bundesländern werden die Betreuungsbehörden fast immer am gerichtlichen Verfahren beteiligt, in anderen nur in jedem fünften Betreuungsfall - offenkundig aus Mangel an Personal. Das Ministerium erhofft sich, dass die Behörden künftig ihre Kenntnis der sozialen Infrastruktur besser ins Betreuungsverfahren einbringen und damit passgenaue Angebote für die Betroffenen vermitteln können. Dadurch, so die Hoffnung, kann künftig manche Betreuung durch eine weniger einschneidende Alternative ersetzen - womit das Selbstbestimmungsrecht der Patienten weniger stark eingeschränkt würde.
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